Friday, January 19, 2007

Hand in Hand in Sachen Literatur II.

Hand in Hand in Sachen Literatur

Es klingt so bescheiden. Literaturvermittelnde Websites können „einen wesentlichen Beitrag leisten […], um das mit der Literaturförderung des Bundes angestrebte Ziel der Vermittlung aktueller literarischer Erzeugnisse und Ereignisse zu erreichen“. Der Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin im Stil nicht unähnlich ist diese Begründung Maria Lükens, die stellvertretend für Kulturstaatsminister Bernd Neumann das Interesse an Websites wie literaturportal.de und litrix.de erklärt. Diese institutionell geförderten Projekte widmen sich speziell der Verbreitung deutscher Gegenwartsliteratur –jedes auf seine Weise.
Von der Kulturstiftung des Bundes vor drei Jahren initiiert und seitdem finanziell unterstützt, dient das Projekt litrix.de der Vermittlung deutscher Gegenwartsliteratur ins Ausland. Auf der Website können weltweit Informationen über aktuelle Erscheinungen abgerufen werden. Eine Jury wählt in einem zweistufigen Verfahren Werke aus, die von globalem Interesse sein könnten. Neben Übersetzungen ins Englische, werden ausgesuchte Titel in eine jährlich wechselnde Schwerpunktsprache übertragen.
Zwar sind in anderen europäischen Ländern vergleichbare Projekte zu finden, litrix.de ist jedoch als zentrale literaturvermittelnde Anlaufstelle in Deutschland einmalig. Als Resultat hat sich die „Website im Ausland als Marke etabliert und „als wichtiges Vermittlungsorgan für ausländische Verlage“, die laut Anne-Bitt Gerecke, der Leiterin von litrix.de, zunehmend in eigener Initiative das Angebot nutzen. Förderlich für den internationalen Austausch sind diesbezüglich die vier Sprachoptionen, aus denen der User auswählen kann. So lässt sich die Website außer auf Deutsch und Englisch ebenfalls in den bisherigen Schwerpunktsprachen Chinesisch und Arabisch aufrufen.
Einen roten Faden gibt es auf www.litrix.de nicht. Stattdessen schmückt die Website ein elegantes, sattrotes Lesebändchen, das die Seiten eines aufgeschlagenen virtuellen Buches teilt. Als Orientierungshilfe wäre es ohnehin überflüssig, da sich die in schlichtem weiß gehaltene Seite mit dem in blauen, romantisch anmutenden Logo durch große Klarheit und Übersichtlichkeit auszeichnet.
Das vom Litrix-Team erdachte und den Initiatoren des Projekt vorgelegte Konzept geht auf: Nicht schreiend bunte Farben und spektakuläre Animationen, sondern Literatur und ihre Vermittlung stehen im Vordergrund. So wird ein Überblick über die ausgesuchten Romane, Sach- und Kinderbücher geboten, wobei bei Bedarf zu jedem Titel Buchbesprechungen ebenso wie Leseproben verfügbar sind. Des Weiteren informiert die Site in kurzen Porträts über die Autoren sowie über deren weitere Veröffentlichungen. Im Dezember 2006 wurde die Seite über die monatliche Aktualisierung („Bücher des Monats“) hinaus um eine Galerie der von litrix.de bisher im Rahmen der Übersetzungsförderung erschienenen Titel in den Schwerpunktsprachen ergänzt.
Ausführlich widmet sich die Website auch der Vorstellung des eigenen Profils, um dessen Anliegen, Ziele und Hintergründe transparent zu machen. In diesem Zusammenhang fehlt auch nicht die Erwähnung derer, die als Förderer bzw. Partner die Arbeit von litrix.de erst ermöglichen. Unterstützung erfährt das Projekt neben der Kulturstiftung des Bundes durch das Goethe-Institut als Träger und durch die internationale Abteilung der Frankfurter Buchmesse.
Der Auf- und Ausbau dieses Netzwerks stellte möglicherweise auch ein wichtiges Kriterium für die Kulturstiftung dar, die in der 11. Stiftungsratssitzung am 18. Dezember 2006 entschieden hat, die Arbeit von litrix.de mit einer Einzelförderung in Höhe von 450.000 Euro weiterhin zu unterstützen. Modalitäten wie die Laufzeit und die Festlegung eines neuen Schwerpunktlandes bleiben zwar noch zu klären, litrix.de könne aber 2007 mit dem erneut bewilligten Zuschuss in „die nächste Runde“ gehen, freut sich Gerecke.
Ein ähnliches Motto machte sich das Team des DLA (Deutsches Literaturarchiv Marbach) zu eigen, als es sich für eine Fortführung des im Schillerjahr 2005 konzipierten literarischen Kalenders entschloss. So ging am 15. Juni 2006 der Nachfolger von www.schillerjahr2005.de online. Neben der Förderung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) wird das Projekt von zahlreichen Partnern wie unter anderem dem Deutschlandradio und dem Goethe-Institut unterstützt.

Im Gegensatz zu litrix.de beschäftigt sich literaturportal.de nicht mit der Verbreitung deutscher Literatur im Ausland. Vielmehr sollen hier sämtliche, im deutschen Bundesgebiet anstehenden Veranstaltungstermine im Bereich der Literatur auf einen ‚Klick’ zusammengestellt und zugänglich gemacht werden. Das Literaturportal lockt mit einigen reizvollen Angeboten, die aber zum Teil noch in Kinderschuhen stecken. Beim Aufruf der Homepage flutet ein kühles Weiß den Bildschirm, hie und da zersetzt mit kleinen Schwarzweiß-Bildchen. Eine wenig einladend graue Deutschlandkarte verweist den Interessierten bereits auf den Kern des Portals – nämlich dem literarischen Kalender.
Wer sich aber auf das Thema Literatur erst noch einstellen will, den locken nahezu 500 Kurzbiografien bekannter und weniger bekannter Autoren der Moderne. Teilweise allzu kurze Lebensdaten sollen Lust auf mehr machen. Dieses Mehr bilden akustische Ausschnitte aus Autorenlesungen („Stimme des Autors“), die dem Literaturfreund den Schriftsteller näher bringen sollen. Das gelingt, vorausgesetzt man lässt seinem Computer genug Zeit zum Datenlesen.
Hinter dem Button „Archiv“ verbirgt sich derzeit nur eine Baustelle. Zukünftig sollen hier sämtliche Veranstaltungstermine archiviert werden. Auch unter „Exponate“ wird der geneigte Besucher noch nicht allzu fündig. Erklärtes Ziel dieses Bereichs sind von Autoren verfasste Beschreibungen von Ausstellungsstücken aus dem LiMo (Literaturmuseum der Moderne) oder dem DLA selbst. Diese an sich nette Idee wurde jedoch noch nicht im großen Rahmen umgesetzt, so dass unter „Exponate“ erst ein alleinstehendes Ausstellungsstück schlummert.
Nach all diesen, zum Teil noch im Bau befindlichen Angeboten, wartet das Literaturportal doch noch mit einem echten Schmankerl auf. Alle Literaturbegeisterten stoßen unter „Links“ auf eine übersichtliche, in Untergruppen geordnete Fundgrube. Zahlreiche Zweige des großen Literaturbaumes sind hier bereits gesprossen und werden wohl noch weiter gedeihen.

Genauso zahlreich und verschieden zeigt sich auch die Palette der verlinkten Websites. So steht neben Pages wie bluetenleser.de auch der Blog einer germanistischen Lehrveranstaltung an der Philipps-Universität Marburg, in deren Rahmen dieser Artikel entstanden ist. Allerdings ist fraglich, ob die virtuelle Zettelwirtschaft einer Handvoll Studenten den literarisch Interessierten weiterbringt.

Garantiert keine Hoffnung auf weiterführende Informationen muss man sich bei einem Klick auf den Link berliner-zimmer.de machen, der nicht mehr existent ist. Die mangelhafte Aktualität ist daher ein weiterer ernstzunehmender Kritikpunkt an der Website literaturportal.de, die trotz ihres erst jungen Bestehens schon häufiger scharf kritisiert wurde. Lüken erklärt dies durch das bisher nicht erreichte zweite Hauptziel der Site. So kündigte das Portal eine „Vernetzung der verschiedensten literarischen Institutionen und Verlage in Deutschland“ an. Diese Vision rief einen zu hohen Anspruch an das Projekt hervor, dem es bisher nicht gerecht werden konnte. Aufgrund der daraus resultierenden Kritik wird derzeit geprüft, ob das Interesse an einer zentralen „Plattform zur umfassenden Information und zum Austausch über das literarische Leben in Deutschland“ aktuell ist. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen.



SJ und AD


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