Friday, January 12, 2007

Hand in Hand in Sachen Literatur

Hand in Hand in Sachen Literatur
Das Medium Internet ist der Feind aller anderen Medien. So wurde es in den letzten Jahren immer wieder diskutiert. Als Konkurrent für die Plattenindustrie mag das stimmen, vielleicht auch im Bezug auf die Filmbranche. Doch für das Medium Buch trifft diese Behauptung nicht zu. Im Gegenteil: Immer mehr Verlage und Buchhandlungen machen sich die Möglichkeiten des World Wide Web zunutze. Doch dient das Internet im literarischen Bereich nicht nur primär der Umsatzsteigerung. Vielmehr haben sich zahlreiche Websites auch die bloße Bekanntmachung und kulturelle Verbreitung der Literatur zur Aufgabe gemacht.
So finden sich neben redaktionell betriebenen Internetseiten wie bluetenleser.de und perlentaucher.de auch institutionell geförderte Projekte, wie litrix.de und literaturportal.de. Diese beiden widmen sich speziell diesen Aufgaben im Bereich der deutschen Gegenwartsliteratur.
Von der Kulturstiftung des Bundes vor drei Jahren initiiert und seitdem finanziell gefördert, dient das Projekt litrix.de der Vermittlung deutscher Gegenwartsliteratur ins Ausland. Auf der Website können weltweit zeitnahe Informationen über aktuelle Erscheinungen abgerufen werden. Eine Jury wählt in einem zweistufigen Verfahren Werke aus, die von globalem, weitreichendem Interesse sein könnten. Neben Übersetzungen ins Englische, werden ausgesuchte Titel in eine jährlich wechselnde Schwerpunktsprache übertragen.
Zwar sind in anderen europäischen Ländern vergleichbare Projekte zu finden, litrix.de ist jedoch als zentrale literaturvermittelnde Anlaufstelle in Deutschland einmalig. Als Resultat hat sich die Website im Ausland als Marke etabliert und gilt mittlerweile als wichtiges Vermittlungsorgan für ausländische Verlage, die laut Anne-Bitt Gerecke, der Leiterin von litrix.de, zunehmend in eigener Initiative das Angebot nutzen. Förderlich für den internationalen Austausch sind diesbezüglich die vier Sprachoptionen, aus denen der User auswählen kann. So lässt sich die Website außer auf Deutsch und Englisch ebenfalls in den bisherigen Schwerpunktsprachen Chinesisch und Arabisch aufrufen.
Einen roten Faden gibt es auf www.litrix.de nicht. Stattdessen schmückt die Website ein elegantes, sattrotes Lesebändchen, das die Seiten eines aufgeschlagenen virtuellen Buches teilt. Als Orientierungshilfe wäre es ohnehin überflüssig, da sich die in schlichtem weiß gehaltene Seite mit dem in blauen, romantisch anmutenden Logo durch große Klarheit und Übersichtlichkeit auszeichnet.
Das vom Litrix-Team erdachte und den Initiatoren des Projekt vorgelegte Konzept geht auf: Nicht schreiend bunte Farben und spektakuläre Animationen, sondern Literatur und ihre Vermittlung stehen im Vordergrund. So bietet litrix.de einen Überblick über die ausgesuchten Romane, Sach- und Kinderbücher, wobei bei Bedarf zu jedem Titel Buchbesprechungen ebenso wie Leseproben verfügbar sind. Des Weiteren informiert die Site in kurzen Porträts über die Autoren sowie über deren weitere Veröffentlichungen. Im Dezember 2006 wurde die Seite über die monatliche Aktualisierung („Bücher des Monats“) hinaus um eine Galerie der von litrix.de bisher geförderten Übersetzungen in den Schwerpunktsprachen ergänzt.
Ebenso ausführlich wie der Literatur widmet sich litrix.de auch der Vorstellung des eigenen Profils, um dessen Anliegen, Ziele und Hintergründe transparent zu machen. In diesem Zusammenhang fehlt auch nicht die Erwähnung derer, die als Förderer bzw. Partner die Arbeit von litrix.de erst ermöglichen. Unterstützung erfährt das Projekt neben der Kulturstiftung des Bundes durch das Goethe-Institut als Träger und durch die internationale Abteilung der Frankfurter Buchmesse.
Der Auf- und Ausbau dieses Netzwerks stellte möglicherweise auch ein wichtiges Kriterium für die Kulturstiftung dar, die in der 11. Stiftungsratssitzung am 18. Dezember 2006 entschieden hat, die Arbeit von litrix.de mit einer Einzelförderung in Höhe von 450.000 Euro weiterhin zu unterstützen. Modalitäten wie die Laufzeit und die Festlegung eines neuen Schwerpunktlandes bleiben zwar noch zu klären, litrix.de könne aber 2007 mit dem erneut bewilligten Zuschuss nach Gerecke in „die nächste Runde“ gehen.
Ein ähnliches Motto machte sich das Team des DLA (Deutsches Literaturarchiv Marbach) zu eigen, als es sich für eine Fortführung des im Schillerjahr 2005 konzipierten literarischen Kalenders entschloss. So ging am 15. Juni 2006 der Nachfolger von www.schillerjahr2005.de online. Im Gegensatz zu litrix.de beschäftigt sich literaturportal.de nicht mit der Verbreitung deutscher Literatur im Ausland. Vielmehr sollen hier sämtliche, im deutschen Bundesgebiet anstehenden Veranstaltungstermine im Bereich der Literatur auf einen ‚Klick’ zusammengestellt und zugänglich gemacht werden.
Neben zahlreichen Partnern wie unter anderem dem Kulturkurier, dem Deutschlandradio und dem Goethe-Institut wird dieses Projekt auch vom Staatsminister für Kultur und Medien, Bernd Neumann (BKM), unterstützt und gefördert. Maria Lüken vom BKM erklärt das spezielle Interesse am Literaturportal durch den „wesentlichen Beitrag“, den das Portal im Bereich der „Vermittlung aktueller literarischer Erzeugnisse und Ereignisse“ leisten kann.
Um diesen „wesentlichen Beitrag“ zu erfüllen, lockt literaturportal.de mit einigen reizvollen Angeboten, die aber zum Teil noch in Kinderschuhen stecken. Beim Aufruf der Homepage flutet ein kühles Weiß den Bildschirm, hie und da zersetzt mit kleinen Schwarzweiß-Bildchen. Eine wenig einladend graue Deutschlandkarte verweist den Interessierten bereits auf den Kern des Portals – nämlich dem literarischen Kalender.
Wer sich aber auf das Thema Literatur erst noch einstellen will, den locken nahezu 500 Kurzbiografien bekannter und weniger bekannter Autoren der Moderne. Teilweise allzu kurze Lebensdaten sollen Lust auf mehr machen. Dieses Mehr bilden akustische Ausschnitte aus Autorenlesungen („Stimme des Autors“), die dem Literaturfreund den Schriftsteller näher bringen sollen. Das gelingt, vorausgesetzt man lässt seinem Computer genug Zeit zum Datenlesen.
Hinter dem Button „Archiv“ verbirgt sich derzeit nur eine Baustelle. Zukünftig sollen hier sämtliche Veranstaltungstermine archiviert werden. Auch unter „Exponate“ wird der geneigte Besucher noch nicht allzu fündig. Erklärtes Ziel dieses Bereichs sind von Autoren verfasste Beschreibungen von Ausstellungsstücken aus dem LiMo (Literaturmuseum der Moderne) oder dem DLA selbst. Diese an sich nette Idee wurde jedoch noch nicht im großen Rahmen umgesetzt, so dass unter „Exponate“ erst ein alleinstehendes Ausstellungsstück schlummert.
Nach all diesen, zum Teil noch im Bau befindlichen Angeboten, wartet das Literaturportal doch noch mit einem echten Schmankerl auf. Alle Literaturbegeisterten stoßen unter „Links“ auf eine übersichtliche, in Untergruppen geordnete Fundgrube. Zahlreiche Zweige des großen Literaturbaumes sind hier bereits gesprossen und werden wohl noch weiter gedeihen. Genauso zahlreich und verschieden zeigt sich auch die Palette der verlinkten Websites. So steht neben Pages wie bluetenleser.de und dem nicht mehr existierenden berliner-zimmer.de auch der Blog der germanistischen Lehrveranstaltung an der Philipps-Universität Marburg, in deren Rahmen dieser Artikel entstanden ist.
Allein schon diese beiden, in ihrer Zielsetzung so unterschiedlichen Internetseiten zeigen, wie vielfältig Literatur im WWW betrachtet und bearbeitet werden kann. Die häufige Erwähnung des Internets in anderen Medien beweist zwar seine derzeitige Präsenz. Doch sowohl litrix.de als auch literaturportal.de machen deutlich, dass sich das Internet und ein anderes Medium nicht ausschließen müssen. Vielmehr stellen beide für sich genommen je ein Beispiel dar, wie ein Medium eine fruchtbare Symbiose mit einem anderen Medium eingehen kann.

SJ und AD

3 Comments:

Blogger Eingebung said...

Ihr habt einen wirklich tollen Artikel geschrieben. Wenn auch die anderen Artikel gut waren, so gefällt mir eurer am besten. Ihr habt viele Informationen gehabt, diese gut verpackt und es wird nicht langweilig zu lesen. Schöne Formulierungen wie "das elegante, sattrote Lesebändchen" oder das "Schmankerl" machen hier besonders Spaß. Nur ein paar wenige Sachen hätte ich anzumerken. So stellte sich mir die Frage, welche Kulturstiftung hier gemeint ist - da gibt es ja schließlich so einige. Und was ist der oder die DLA? Außerdem habt ihr das Wort Litrix sehr oft hintereinander verwendet. SO oft, dass es auffällt. Natürlich lässt sich das nicht vermeiden, wenn es das Thema des Artikels ist, aber 5 Mal in einem Absatz, das ist dann doch zu viel ;) Zuletzt würde ich das WWW ausschreiben und die Artikelentstehung weglassen. Aber das ist meine persönlich Geschmackssache :)
Und zuletzt entlasst ihr euren Leser mit diesem schönen Schlusssatz... doch, euer Artikel ist wirklich gut gelungen :D
S.H.

10:48 AM  
Blogger Eingebung said...

Ich finde euren Artikel auch sehr gelungen. Wobei ich aber aus persönlicher Sicht anmerken muss, dass es sich in einigen Passagen wie ein Werbetext für Seiten wie litrix.de oder buücherportal.de anhört. Zum Beispiel wenn ihr mit Wörtern wie "reizvoll" arbeitet. Vielleicht würde ein kritischerer Tonfall euren Artikel noch besser machen. D.S.

4:10 AM  
Blogger Eingebung said...

Ich finde euren Artikel absolut gelungen. Ich schließe mich aber der Meinung von D.S. an. Die Websites werden sehr positiv dargestellt. Aber vielleicht gibt es einfach nur gutes darüber zu berichten.
NW

5:01 AM  

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