Saturday, October 14, 2006

"Welt", 11.10.06: „FAZ“ und „Süddeutsche“ klagen gegen Perlentaucher

Gegenstand des Streits sind die Buchkritiken, die in den Zeitungen erscheinen und von dem Internet-Magazin kommentierend wiedergegeben werden. Die Klage betrifft aber nicht das, was auf der Website steht, sondern die Weitergabe der Perlentaucher-Texte an Internet-Buchhänder. Rechtsanwalt Simon Bergmann, der Perlentaucher vertritt erklärt: „Das Urheberrecht soll ja Diskussionen über Texte nicht verhindern“. Die Frage ist: Schadet das Internet-Magazin den Zeitungen?
Von Birgit Warnhold

Berlin - Der erste Brief erreichte Perlentaucher bereits vor gut einem Jahr, doch jetzt wird die Auseinandersetzung zwischen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „Süddeutschen Zeitung“ auf der einen und dem Internet-Kulturmagazin Perlentaucher auf der anderen Seite konkret: Morgen findet in Frankfurt/Main die erste mündliche Verhandlung statt.

Gegenstand des Streits sind die Buchkritiken, die in den Blättern erscheinen und von Perlentaucher resümierend und kommentierend wiedergegeben werden. Allerdings richtet sich die Klage nicht gegen das, was auf der Website von Perlentaucher.de steht, sondern gegen die Lizensierung an Dritte, also die Weitergabe der Texte von Perlentaucher an Internet-Buchhändler. Konkret handelt es sich dabei um bücher.de, wie Rechtsanwalt Simon Bergmann von der Kanzlei Schertz Bergmann sagt, die den Perlentaucher vertritt. „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“) und „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) sehen darin, so der Anwalt, eine Verletzung ihrer Urheberrechte.

Zwar ginge es bei der Klage auch noch um das Marken- und das Wettbewerbsrecht, die entscheidende Frage aber betreffe das Urheberrecht, das durchaus zwei Rechtsauffassungen zulasse. „Das Urheberrecht soll ja Diskussionen über Texte nicht verhindern“, legitimiert Bergmann das Vorgehen des Internet-Kulturmagazins. Schließlich drucke Perlentaucher die Kritiken nicht eins zu eins ab, sondern fasse sie in eigenen Worten zusammen. Es handele sich gewissermaßen um eine Berichterstattung über Kritik, und das verletze die Rechte des Urhebers nicht.

Interessant in dem Zusammenhang erscheint die Frage, warum sich die Klage nicht gegen die Texte auf der Website von Perlentaucher richtet, sondern ausschließlich gegen die Weitergabe an Dritte. Die Kanzlei, die die „FAZ“ und die „SZ“ vertritt, wollte sich vor der morgigen Verhandlung zu dem Vorgang nicht äußern.

Die entscheidende Frage wird wohl sein, wie stark sich die Perlentaucher-Texte von den Kritiken aus der „FAZ“ und der „SZ“ abheben beziehungsweise wie das Gericht diese Frage beurteilt. Simon Bergmann schätzt die Chancen für seine Partei als gut ein.

Artikel erschienen am 11.10.2006 in der "Welt"

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